Diver72 schrieb:
Ja, die illegale Abschalteinrichtung muss runter. Aber das dann neue Motorsoftware zwingend drauf muss ist nicht zu verstehen.
Mich würde mal interessieren, wie das für den Sachverständigen formulierte Beweisthema deines selbstständingen Beweisverfahrens lautet. Will man das Update zu Fall bringen gibt es vor allem vier Fragen, die Gegenstand eines Beweisverfahrens sein sollten:
1. Besteht die Gefahr von Folgeschäden oder sonstigen Nachteilen durch das Update?
2. Wird die Abschalteinrichtung durch das Update vollständig beseitigt, d.h. bleibt die AGR-Rate auch außerhalb des Prüfstandes oder der Prüfstandsbedingungen im Prüfstandsmodus oder wird die AGR-Rate auch nach Vornahme des Updates noch reduziert?
3. Welche Auswirkungen hat das Update auf den Ausstoß anderer Schadstoffe, insbesondere des CO2- und des Rußpartikelausstoßes? Erhöht sich vor allem der am Auspuff gemessene Rußpartikelausstoß?
4. Wie wirken sich durch das Update zu erwartende häufigere Regenerationen auf die Stickoxidbelastung aus?
zu 1. Diese Frage wird auch von einem Sachverständigen schwer zu beantworten sein, weil hierfür letztlich Langzeittests erforderlich sind. Es wäre allerdings schon hilfreich, wenn der Sachverständige aufgrund bestehender technischer Zusammenhänge (Stichwort Zielkonflikt bei der AGR) die Feststellung treffen könnte, dass vorzeitige Folgeschäden je nach Fahrprofil nicht auszuschließen oder gar als wahrscheinlich anzusehen sind. Ist diese Frage zu bejahen, kann dies je nach Wahrscheinlichkeit zu einer Umkehr der Beweislast führen mit der Folge, dass VW dann beweisen müsste, dass durch das Update keine Nachteile zu befürchten sind.
zu 2. Noch mehr als die erste Frage wird sich auch diese Frage wohl kaum vom Sachverständigen beantworten lassen. Durch Messungen im praktischen Betrieb unter unterschiedlichen Bedingungen lässt sich allerdings feststellen, wie sich das Update auf den NOx-Ausstoß auswirkt. Diese Ergebnisse lassen dann auch Rückschlüsse auf die Funktion der AGR zu. Stellt sich hierbei heraus, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass die AGR nicht dauerhaft im Prüfstandsmodus verbleibt, könnte dies den Gerichten als Beweis des ersten Anscheins ausreichen, um auch bei dieser Frage zu einer Beweislastumkehr zu kommen, was zur Folge hätte, dass VW "die Hose runterlassen" müsste.
zu 3. Dies ist vielleicht der effektivste Angriffspunkt. Vom ADAC, Umweltverbänden und Fachzeitschriften wurden in den vergangenen Monaten eine Reihe von Vergleichstests durchgeführt, die Abgasmessungen vor und nach dem Update zum Gegenstand hatten. Neben der Messung des NOx-Ausstoßes wurde dabei auch gemessen, ob sich der CO2-Wert erhöht hat, was teilweise bejaht wurde, die Erhöhung sich aber immer noch in einem Toleranzbereich befand. Keinen Vergleich habe ich hingegen in Bezug auf die Rußpartikel gefunden. Gerade dieser Vergleich wäre aber besonders interessant, da bekannt ist, dass eine höhere AGR-Rate auch zu einer Erhöhung der Rußpartikel führt. Nach meinem Kenntnisstand absorbiert der DPF aber keinesfalls alle Rußpartikel, was zur Folge hätte, dass sich der Ausstoß am Auspuff gemessen erhöhen müsste, was dann wiederum die Betriebserlaubnis zum Erlöschen bringen würde. Das Update wäre damit rechtlich "kaputt".
zu 4. Abgasrückführung und Regeneration stehen im technischen Widerspruch zueinander. Die für die Regeneration erforderlichen hohen Temperaturen wirken sich folglich ungünstig auf den NOx-Ausstoß aus. Rein theoretisch betrachtet müsste der NOx-Ausstoß dabei extrem ansteigen und den Prüfstandsgrenzwert um ein Vielfaches überschreiten. Das gilt es durch Messergebnisse zu belegen und in Relation zur Gesamtbelastung mit NOx zu setzen. Die Folge könnte sein, dass das Update nicht nur nicht die erhoffte Reduktion an Stickoxiden bewirkt sondern in der Gesamtbilanz sogar eine Verschlechterung bedeutet, was ja wohl kaum der Sinn der Sache sein kann.
Die vorstehenden Fragen sollten Gegenstand eines Beweisverfahrens sein, das darauf ausgerichtet ist, in einem anschließenden Zivilverfahren zu belegen, dass der Mangel durch das Update nicht beseitigt wird und folglich auch keine Pflicht zum Aufspielen bestehen kann. Ich frage mich allerdings, warum du überhaupt ein selbstständiges Beweisverfahren in Gang gesetzt hast. Die Fragen hätte man auch im Rahmen eines Klageverfahrens klären lassen können. Das selbstständige Beweisverfahren verlängert nicht nur die Verfahrensdauer insgesamt, sondern du musst auch erst einmal mit den Kosten dieses Verfahrens in Vorleistung treten und die könnten ziemlich hoch werden, jedenfalls wenn man die von mir oben beschriebenen Untersuchungen durchführt. Wenn diese Kosten von einer Rechtsschutzversicherung übernommen werden, ist es allerdings kein Problem.
Andreas